Zu spät – Eine kritische Betrachtung von Zeitlichkeit und Wertung

Zu spät – Eine kritische Betrachtung von Zeitlichkeit und Wertung

Veranstalter
Driburger Kreis (Paulina S. Gennermann, Alexander Stöger, Sophia Wagemann)
Ausrichter
Paulina S. Gennermann, Alexander Stöger, Sophia Wagemann
PLZ
85049
Ort
Ingolstadt
Land
Deutschland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
11.09.2023 - 13.09.2023
Deadline
15.05.2023
Von
Dr. Alexander Stöger, Geschichte der Naturwissenschaften, Medizin und Technik

Auch in diesem Jahr tagt der Driburger Kreis im Vorfeld der Jahrestagung der GWMT, diesmal in Ingolstadt vom 11. bis 13. September 2023. Das diesjährige Rahmenthema lautet "Zu spät" und beschäftigt sich mit der Marginalisierung der zeitlich Nachkommenden in der Geschichte der Naturwissenschaften, Medizin und Technik. Early Career Wissenschaftler:innen sind herzlich eingeladen, bis zum 15. Mai ihr Abstract zum Thema oder auch abseits davon einzureichen.

Zu spät – Eine kritische Betrachtung von Zeitlichkeit und Wertung

Der Driburger Kreis trifft sich vom Montag, 11. September bis Mittwoch, 13. September 2023 in Person in Ingolstadt im Vorfeld der Jahrestagung der Gesellschaft für Wissenschaften, Medizin und Technik (GWMT).

Zu spät – Eine kritische Betrachtung von Zeitlichkeit und Wertung
Zeit ist der definierende Faktor jeder historischen Betrachtung, obwohl er selten als solcher benannt wird. In den letzten Jahren haben neue temporale Konzepte wie das Anthropozän sowie die kritische Betrachtung regionaler Epochenbegriffe im globalen Kontext neue Perspektiven auf diesen Aspekt eröffnet. Während die Rolle des Menschen in größeren zeitlichen Dimensionen gedacht wird, hinterfragen Forscher:innen auch kritisch, inwiefern Konzepte wie “Das Mittelalter” und die Anwendung damit tradierten Vorstellungen auf andere Kulturkreise angemessen sind. Zeit, so steht inzwischen fest, ist auch ein wertender Faktor, dessen sich Historiker:innen bewusst sein müssen.

Zugleich spielt Zeit auch in kleinsten Mengen für die Geschichte und nicht zuletzt für die Wissenschaften, Medizin und Technik eine entscheidende Rolle. Prioritätenstreitigkeiten und Erfindungswettbewerbe zeigen, dass der Anspruch, etwas zuerst entdeckt oder erfunden zu haben, nicht nur momentanes Ansehen, sondern auch historischen Ruhm und Einfluss bedeuten kann. Die Verlierer:innen haben dabei häufig das Nachsehen. Zu spät im Rennen um Anerkennung, verschwinden sie in den Fußnoten der Geschichte und ihre Ansätze verblassen angesichts der vermeintlich einzigen Lösung der Ersten.
Wissenschaftshistoriker:innen haben unlängst den Blick der Forschung auf die Peripherie, das Nicht-Elitäre, die „Workingclass of Knowledge Production“ gerichtet und dabei gezeigt, dass diese nicht nur essenzielle Bausteine der Wissensgebäude sind, deren Fassade die Wissenschaftsgeschichte bislang bevorzugt beleuchtet hat. Sie haben damit zugleich ein kritisches Licht auf wissenschaftshistorische Praktiken und Methoden geworfen.

In diesem Sinne beschäftigt sich der Driburger Kreis in diesem Jahr mit der Marginalisierung der zeitlich Nachkommenden unter dem Titel „Zu Spät“. Gemeint ist hier im weitesten Sinne die negative Wertung von Zeitlichkeit, beispielsweise in Fallstudien, in denen spezifische Errungenschaften, eine Person(engruppen) oder Ereignisse hinter einem anderem zurückstehen musste und zeitgenössisch oder rückwirkend dadurch abgewertet wurde. Naheliegende Fälle wie Prioritätsstreitigkeiten sind ebenso willkommen wie kritische Betrachtungen von westlichen Überlegenheitsnarrativen, etwa wenn es um die „Erstentdeckung“ nicht-europäischer Teile der Welt geht.

Mögliche Perspektiven, aus denen man sich dem Thema nähern könnte:

- Prioritätsstreitigkeiten und Hoheitsansprüche auf Grund von zeitlichem Zuvorkommen
Forcierung von Linearität und einem Fokus auf eine Schlüsselperson/ein Schlüsselereignis als zentralem Aspekt in wissenschaftshistorischen Narrativen
- Die Wahrnehmung von Zeitlichkeit und Druck bei Wissenschaftler:innen
- Entdeckungen und Errungenschaften, die weniger oder keine Beachtung fanden, da sie hinter einem als wichtiges wahrgenommenes Ereignis zurückstehen mussten
- Eine kritische Betrachtung des Konzepts „zu spät“ anhand wissenschaftshistorischer Beispiele
- Reflexionen zu Zeitlichkeit und verwandten Konzepten wie Eile, Hast, Zügigkeit im wissenschaftshistorischen Kontext
- Fälle, in denen der zeitliche Wettbewerbsfaktor gezielt ignoriert, ausgehebelt oder kritisiert wurde

Das Tagungsthema ist explizit weit gefasst und zielt darauf ab, verschiedenste Aspekte und Perspektiven der Geschichte der Naturwissenschaften, Medizin und Technik unter „Zu Spät“ bewusst mit einer kritischen Betrachtung von Zeitlichkeit zu konfrontieren.

von Alexander Stöger (Universität Leiden)

Abstracts von max. einer Seite für ca. 15-minütige Vorträge inklusive Kurzlebenslauf (zusammengefasst in einem Word-kompatiblen Dokument) werden erbeten bis zum 15. Mai 2023 an info@driburgerkreis.de. Weitere Informationen zu Abstracts und dem Format des Driburger Kreises finden sich hier: https://www.driburgerkreis.de/guidelines-abstract/
Für Beitrag und Diskussion sind insgesamt 30 Minuten angedacht. Fragen zum Thema oder der Veranstaltung können gerne an das Organisationsteam gerichtet werden (ebenfalls unter info@driburgerkreis.de).

Kontakt

info@driburgerkreis.de

https://www.driburgerkreis.de/